Wohin geht der Trend?
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Experten mit einer großen Trendwende im Bereich des Marketings rechnen. Friedhelm Lammoth, Ehrenpräsident des DDV, Deutscher Dialogmarketing Verband e.V., postulierte unter dem Motto „Invertising statt Advertising“ in seiner Keynote auf den diesjährigen Mailingtagen neue Werbeformen, deren Attraktivitätsgrad so hoch ist, dass sie gerne von den Kunden in den Alltag integriert werden.
Tatsache ist, dass Konsumenten von Werbung deutlich übersättigt sind. Friedhelm Lammoth meint dazu: „Werbung ist für viele eine der sieben Plagen und wird als subtile Form des Hausfriedensbruchs wahrgenommen.“ Eine Studie von SDI-Research über Reaktionen und Verhaltensmuster von Konsumenten belegt, dass der Anteil der Menschen, die sich durch die Informationsflut belastet fühlen, kontinuierlich ansteigt. Im Rahmen der Studie gaben 79% der Befragten an, dass sie sich durch Informations- und Werbefülle bedrängt fühlten und 68% sagten aus, dass sie den Informationen und der Werbung absichtlich ausweichen würden, indem sie zum Beispiel Werbematerial und Flyer ungelesen wegwerfen. Andererseits gibt es, so die Studie, auch die Strategien, den Informationsüberfluss mit Informationsvielfalt zu bekämpfen (81% der Konsumenten gaben an, drei oder mehr Informationskanäle zu verwenden) oder mit Identifizierung zu beantworten. Insgesamt sagten 65% der Befragten, dass es Werbung gibt, die einfach gefällt, und 54% gaben an, dass ihnen diese Vielfalt gut gefällt.
Die Reaktion der Menschen auf den Informationsüberfluss ist also sehr heterogen. Informationen werden einerseits als belastend und andererseits als wertvoll und hilfreich empfunden. SDI-Research kommt deshalb zu dem Schluss, dass Präsentationsformen und Inhalte gefunden werden müssen, denen es gelingt, solchen Widerstand zu überwinden. Friedhelm Lammoth meint dazu: „Wer nachhaltige Wirkung erzeugen will, muss für den Empfänger relevante Botschaften haben, relevante Angebote machen und relevante Vertriebskanäle anbieten.“
Individuelle, kundenorientierte Kommunikation
Es ist nicht mehr zeitgemäß, Kunden mit Informationen zu überrollen. Wichtig sind vielmehr bedarfsgerechte und kundenorientierte Strategien. Dazu gehört die hochindividuelle Kommunikation. Sie ermöglicht den direkten Dialog mit dem Kunden über Themen, die diesen tatsächlich interessieren. Die von Canon in Auftrag gegebene und von Frank Romano, Professor Emeritus des Rochester Institute of Technology (RIT), mit seinen Absolventen durchgeführte Studie „Insight Report: Digital Printing Directions“ hält fest, dass nahezu alle der weltweit rund 600 befragten Druckdienstleister erwarteten, dass der Bereich des Variable Data Printing weiter wachsen wird.
Die Interviews in Form von intensiven Gesprächen wurden von Januar bis März 2008 durchgeführt, um eine Bestandsaufnahme der heutigen Druckindustrie zu erstellen und ihre zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten zu identifizieren. Als eines der zentralen Ergebnisse hielt die Studie fest, dass der Druck variabler Daten in all seinen Formen immer attraktiver werde. Grundsätzlich zählt die Romano-Studie hierzu die einmalige Veröffentlichung auf Anfrage (Publications on Demand), den personalisierten Seriendruck, die Versionierung, den Hybriddruck mit statischen und personalisierten Seiten sowie den vollständig variablen Druck, bei dem Texte und Bilder auf Basis eines CRM-Systems oder einer Kundendatenbank individuell mithilfe eines Personalisierungsprogramms in das Dokument integriert werden. Laut Romano-Studie soll sich vor allem Letzteres am besten entwickeln, nicht zuletzt aufgrund der steigenden Beliebtheit der sogenannten Transpromo-Anwendungen.
Die Nutzung von variablen Daten für den Digitaldruck erlaubt nicht nur die direkte Ansprache des Kunden, sondern auch die ausschließliche Verwendung von Inhalten, die entsprechend des Customer Relationship Managements für diesen auch tatsächlich relevant sind. Deshalb geht die Romano-Studie davon aus, dass Direktmarketing für den Digitaldruck auch das größte Wachstumspotenzial bereithalte, da dieses hervorragend zu den VDP-Funktionen des Digitaldrucks passe.
63% der Marketingspezialisten sagten im Rahmen der Studie voraus, dass ihre Ausgaben für das Direktmarketing im nächsten Jahr steigen würden. Die meisten von ihnen vermuten einen Anstieg von ca. 29 Prozent. Im Insight Report wird als Schlussfolgerung festgehalten, dass die Zeiten des Massenmarketings somit tatsächlich der Vergangenheit angehören könnten. An dessen Stelle träte ein differenziertes Marketing, das vordringlich dem Ziele diene, neue Kunden zu gewinnen bzw. die Kundenbindung zu festigen. Eine zielgerichtete Werbung erzeuge mehr Rückmeldungen, mehr Verkäufe und binde mehr Kunden begründet der Insight Report den Mehrwert von personalisierten oder individualisierten Printprodukten.
Eine ähnlich positive Prognose gibt der IKB Branchenbericht Druckindustrie. Werbetreibende würden immer mehr auf neue Konzepte zugreifen, um die Zielgruppen individueller ansprechen zu können. So werden Broschüren, Prospekten und Flyern sowie DirectMails und diversen Cross-Media-Produkten günstige Zukunftsaussichten bescheinigt.
Differenzierung von der Masse
Ebenso wichtig ist aber auch, dass sich die Information von der Masse abhebt. SDI-Research gibt in der oben genannten Studie unter anderem den Tipp, dass überraschende Werbung oft sehr erfolgreich ist. Grund sei, dass die Überschwemmung mit Informationen zu einer unbewussten und manchmal auch absichtlichen Ausblendung des Üblichen führe. Wahrgenommen werde dann nur dasjenige, was außerhalb dieser von SDI-Research als Mainstream-Muster bezeichneten gängigen Werbung stehe.
Differenzierung ist notwendig, um von Konsumenten überhaupt wahrgenommen zu werden. Die moderne Forschung ist sich einig, dass der beste Ansatz, Aufmerksamkeit zu erzeugen, in der Multisensorik liegt. Werbeerinnerung sowie Markenbekanntheit steigen signifikant an, wenn über die Werbung mehrere Sinne angesprochen werden. Dazu ist kaum ein anderes Medium so gut geeignet wie der Print. Das reicht von einer außergewöhnlichen Optik über die Haptik des Bedruckstoffes und der Oberfläche zum Beispiel einer Folierung oder Lackierung bis hin zur Olfaktorik, die unter anderem mit Duftlacken angesprochen werden kann.
Das Konzept des Value Added Printing beinhaltet, dass Printprodukte allein aufgrund einer oder mehrerer Veredelungsvarianten einen Zusatznutzen erhalten. Das bedeutet, dass gedruckte Werbung bereits aufgrund einer Veredelung wie etwa eines Lentikulardrucks oder eines Effektlacks einen zusätzlichen Wert für den Empfänger aufweisen kann, indem sie zum Beispiel zum Sammlerobjekt avanciert; ein Konzept, das schon bei Verpackungen am POS große Erfolge erzielte.
Wird die Veredelung perfekt auf die Information respektive den Inhalt der Werbung abgestimmt und dieser wiederum auf die Interessen des Empfängers, dann wird auch die Werbung nicht als belastend empfunden, sondern als interessant und bereichernd.
Redaktionsbeitrag von Rüdiger Maaß,
Geschäftsführer Fachverband Medienproduktioner e.V.